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Was wäre, wenn …?

Wer an Gott glaubt, meint, dass er alle Möglichkeiten kennt, die eingetreten wären, falls in der Vergangenheit bestimmte Ereignisse nicht den uns bekannten Lauf genommen hätten.
Was wäre geschehen, wenn beim Staatsstreich, den Katharina die Grosse von Russland gegen ihren Mann Peter III. veranstaltet hatte, das Regiment, das gegen die Aufständischen aufmarschierte und die Gewehre auf sie gerichtet hatte, wirklich geschossen hätte? Doch dazu kam es nicht, weil der Major des Garderegiments Preobraschenskij im entscheidenden Augenblick plötzlich ausrief: „Hurra! Es lebe die Kaiserin!“ und damit eine Begeisterungswelle unter den Soldaten auslöste. Katharina wurde zur Zarin.
Wenn die „Höllenmaschine“, die einige Royalisten gebaut hatten, um Napoleon umzubringen, wirklich den Wagen des ersten Konsuls zerstört hätte, statt 8 unschuldige Menschen ins Jenseits zu befördern? Europa hätte nich die heutige Form und viele Menschen wären am Leben geblieben.
Wenn die Pistole von Gavrilo Princip, dem Attentäter von Sarajewo geklemmt hätte?Zwei Weltkriege wären vielleicht vermieden worden. Wenn die Aktentasche, die eine Bombe enthielt und Hitler hätte in die Luft sprengen sollen, nicht unabsichtlich von seinem Stuhl weggeschoben worden wäre?

Eine der folgenschwersten Zufallssituationen spielte sich in den Stunden der Invasion der Alliierten in der Normandie ab. Die deutsche 21. Panzerdivision, die über etwa 20’000 Soldaten verfügte, lag südlich der Stadt Caen bei Falaise ganz in der Nähe des Gebietes, wo die Landung erfolgte. Es war der einzige deutsche Panzerverband, der sofort die gelandeten Einheiten hätte angreifen und aufgrund seiner Stärke wohl entscheidend zurückwerfen können. Der Schutz der Dunkelheit, wo er sich hätte verschieben können wurde nicht ausgenützt. Die Banalität der Ereignisse hatte den Verlauf des Kriegsgeschehens entscheidend beeinflusst, denn es wurde kein Einsatzbefehl gegeben. Erstens, weil diese Kompetenz ausschliesslich der Genehmigung durch das Oberkommando der Wehrmacht, namentlich Hitler persönlich, zugeordnet war. Aber Hitler schlief zu dieser Stunde und niemand wagte es, ihn zu wecken. Zweitens, weil der Einzige, der dies hätte tun können, der Befehlshaber der 21. Panzerdivision, Generalleutnant Edgar Feuchtinger war, den man aber nicht erreichen konnte, weil er mit seiner Mätresse in Paris ein Schäferstündchen verbracht hatte. So konnte die Landung der 3. Britischen Infanteriedivision nicht aufgehalten werden. Der Untergang der deutschen Kriegsmaschinerie begann.

Wenn, wenn, wenn, die Beispiele liessen sich fortsetzen. Jedenfalls hätte die Geschichte einen anderen Lauf genommen. Das lässt sich auch von dem Schweizer Fanatiker Fritz Platten sagen, der 1917 mit den deutschen Behörden die Rückführung Lenins nach Russland vereinbart hatte. Unter dem Namen „Diktatur des Proletariats“ begann danach in Russland, und später unter Stalin in den eroberten Ländern Osteuropas, eine Terrorherrschaft, die es mit jeder Diktatur aufnehmen konnte. Fritz Platten, der das Heil in dem von ihm verherrlichten System gesucht hatte, wurde später von seinen kommunistischen Genossen in Russland hingerichtet. Stalin konnte die Freunde Lenins nicht leiden. Wäre er doch schon früher ins Paradies gezogen, so hätten nicht Millionen von Menschen leiden und sterben müssen. So hatte allerdings die Rückführung Lenins nach Russland die Geschichte der Menschheit geprägt.
Platten war aus demselben Holz geschnitzt, wie seine selbstherrlichen Parteigenossen. „Was bedeuten schon 100’000 Tode in Namen des Proletariates?“, meinte er im Sinne seiner Ideologie. Leider gibt es auch heute noch einige Länder, wo diese Ideologie weiterlebt und von der grenzenlosen Dummheit der Menschen Zeugnis ablegt.