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CALVIN IST TOT, ES LEBE CALVIN

Man wirft oft der katholischen Kirche Bevormundung der Gläubigen und Gewissensinquisition vor und übersieht oft, dass der Calvinismus sie weit hinter sich ließ. In alles mischte sich die klerikale Polizei ein, fast jede Äußerung natürlichen Lebensdrangs und unbefangenen Frohsinns wurde beargwöhnt, untersagt und bestraft. Auf Fluchen, Kegelspiel, laute Scherze, leichtsinnige Reden standen hohe Bussen, auf Ehebruch die Todesstrafe. (Vgl. Egon Friedell, Renaissance und Reformation, S. 299). Dieser Geist hat tiefe Wurzeln geschlagen und spukt noch heute in manch einem Kopf Genfs. Nur so lässt es sich erklären, dass ein verblendeter Zelot seine Polizei in ein Luxushotel ausrücken lässt, um den Sohn eines weltbekannten Tyrannen in Handschellen zu legen, weil dieser seine Diener verprügelt hatte, eine Tat, die er wohl jeden Tag und überall vollbringt. Der Polizeipräfekt befindet: Recht muss sein, Verhältnismäßigkeit ist keine Sache der Calvinisten. Zu diesem Hohlkopf gesellt sich schon bald ein Kollege, der ein Exempel statuieren will und die demütigenden Bilder der Verhaftung des Tyrannensohnes der Presse zuspielt. Die Presse ist Presse, sie hat noch nie darüber Gedanken verloren, ob die Veröffentlichung einer Nachricht angebracht ist, wenn sie nur die Lust nach Sensation befriedigt.
Und danach prallen harte, starre Köpfe aufeinander. Der Polizeipräfekt beharrt darauf, richtig gehandelt zu haben, denn sein Calvinistenschädel funktioniert wie Binärzahlen: „ja oder nein“. Ein „teilweise“ kennt er nicht. Der Fotolieferant versteckt sich feige, denn er spürt, dass er eine Tracht Prügel verdient hat. Ich persönlich würde ihm gerne einige Nettigkeiten antun. Der Cäsar der Kameltreiber indessen macht aus einer Lappalie eine Frage von Leben und Tod und würde am liebsten der Schweiz den Krieg erklären. Er rächt sich an Unschuldigen mit seiner widerlichen Mentalität, die, wer erinnert sich nicht mehr daran, einige bulgarische Krankenschwester, die in seinen verlausten Spitälern Dienst leisteten, zu Tode verurteilen ließ, um nicht zugeben zu müssen, dass in zivilisierten Ländern Tierkliniken weit höher stehen als seine Krankenhäusern. Er wollte auch den Vorschlag machen, die Schweiz zu vierteilen und die Strünke unter den Nachbarländern zu verteilen. In einem Punkt stimme ich ihm zu: Genf könnten wir gerne Sarkozy schenken.