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Der Heuchler

In einem Radiointerwiev hat der President der Vereinigung Italienischer Katholischer Juristen, ein gewisser Francesco D’Agostino, eine beachtliche mentale Verrenkung vollbracht. Er hat die UNO ermahnt, ihre Nase nicht in die Angelegenheiten des Vatikans zu stecken. Er verbot es sich, die Verheimlichung der durch die Priester verübten pädophilen Akte zu kritisieren, denn für die Kirchenmänner würde der Vatikan das Kanonische Recht anwenden. Hoppla! Falls ein widerlicher Kleriker aus den Vereinigten Staaten, aus Irland oder Italien Kinder sexuell missbraucht, bleibt es das Recht des Vatikanstaates diese Abscheulichkeit unter den Teppich zu wischen. „Schliesslich ist hier auch das Beichtgeheimnis zu respektieren“, meint der fromme Jurist. Welche Niedertracht! Er sollte sich vergegenwärtigen, dass es sich im vorliegenden Fall nicht nur um das Beichtgeflüster handelt, sondern auch um Fälle, bei denen die Kirche, der diese Fälle vorgeworfen wurden, das Stillschweigen der Opfer mit Entschädigungszahlungen erkauft hatte, um die pädophilen Geistlichen nicht öffentlich an den Pranger stellen zu müssen. Ausserhalb der Mauern des Vatikans fallen die durch die kirchlichen Würdenträger begangenen Übergriffe auf Kinder in die Jurisdiktion der jeweiligen Staaten, wo die Schweinereien begangen wurden. Dennoch scheint für die Diener des anmassenden Aberglaubens die heuchlerische Schweigepflicht unantastbar zu sein. „Das kann von den Nichtkatholiken nicht verstanden werden“, meint der Weise D’Agostino. Ich meine indes, dass es auch viele Katholiken nicht verstehen. Insbesondere jene, die Anstoss nehmen, wenn ein fanatischer Islamist seine Brüder und Schwestern in unseren Breitengraden nach der Sharia aburteilen möchte. Grundsätzlich steht D’Agostino auf der gleichen dogmatischen Linie.