back 

Der Seliggesprochene

Papst Paul VI. wurde seliggesprochen. Die Gläubigen jubeln. Warum eigentlich? Weil sie ein neues Idol erkoren haben, das ihr wackliges Glaubensgerüst stützt? Der Mann war ein rückständiger Kirchenführer – welcher Papst war das schon nicht? – mit verkrusteten Ideen, die Ausdruck einer weltfremden Sicht der Probleme der Menschheit waren. Seine Einstellung zur Sexualität, die er seinen starrköpfigen Nachfolgern weitervererbt hatte, war eine kompromisslose Verteidigung rechthaberischer Irrlehren. Er schrieb den Eheleuten vor, wie sie sich im Schlafzimmer zu verhalten hatten und schwieg zu den unerhörten Fällen von Kindsmissbrauch in seiner Kirche. Er beharrte auf das Verbot von Verhütungsmittel obwohl ein Teil der Neugeborenen mit Sicherheit zum unausweichlichen Hungertod verurteilt war. Was war an diesem Mann selig? Die Selbstverherrlichung der katholischen Würdenträger gleicht den Orden der Generäle im Sowjetsystem: die Brust vollgesteckt mit Auszeichnungen. Da waren Männer mit breiter Brust gefragt, damit möglichst viel Orden angeheftet werden konnten; vielleicht konnten selbst die Geehrten die Bedeutung nicht aller Medaillen erklären. Die glitzernde Sammlung schmückte die feschen Uniformen. Wahrscheinlich tragen die katholischen Seligen im Himmel auch ähnliche Verdienstorden.