LASSET DIE KINDLEIN ZU MIR KOMMEN!
Die zahllosen Enthüllungen sexueller Übergriffe auf Kinder, die während der letzten Wochen die Medien beherrschen, haben hitzige Diskussionen entfacht. Richtig so. Man kann nicht ernst genug mit den Pädophilen ins Gericht gehen. Üblicherweise geschahen die Verfehlungen im Verborgenen und wurden nach gewohnter Art von der katholischen Kirche vertuscht. Die Nachfolger Jesu haben wohl seine Absicht falsch verstanden, als er sagte: „lasset die Kindlein zu mir kommen“ (Markus 10,14).
Die Plage des Kindsmissbrauchs scheint jedoch nicht nur in den Kirchenkreisen zu wüten. Meine Verblüffung war groß, als ich folgende Geschichte in einem Zeitungsbericht entdeckt habe.
In Pakistan wurde ein vierjähriges Mädchen zwangsverheiratet. Ganz ungewöhnlich scheint dies auf den ersten Blick nicht zu sein, denn in manch einer Kultur herrschte die Sitte der Kinderehen. Doch um das geht es in unserem Fall nicht. Das Kind wurde mit einem 45-jährigen Mann getraut. Aus Sühne für ein Vergehen seines Onkels. Dieser war mit der Nichte des Bräutigams durchgebrannt, eine alltägliche Geschichte, die immer und überall in der Welt vorkommt. Doch das Stammesgericht der Ortschaft befand, der Onkel müsse bestraft werden. Es legte ihm eine Geldstrafe von umgerechnet 4200 Franken auf und forderte von ihm, dem Kläger ein junges Mädchen aus seiner Familie zu überlassen. Wie jung? Ich frage mich, wie lange wohl der Ehemann mit der Ausübung seiner Rechte zuwarten wollte?
Zum Glück des Mädchens wurden Menschenrechtsaktivisten auf den Fall aufmerksam und konnten den ganzen Klan, der an diesem Handel beteiligt war, verhaften lassen. (Neue Zürcher Zeitung, 10./11 Februar 2007).