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WIE HABAKUK DIE WELT ERLEBTE 3

Während ich diese Zeilen schreibe, sitzt Du vermutlich friedlich vor Deiner Hütte, ziehst ab und zu an Deiner Pfeife und genießt den Frieden. Bei mir geht es nicht so sanft und behaglich zu und her. Die Reise, auf die Du mich geschickt hast, ist meistens mühselig und oft sogar recht gefährlich. Nicht selten beneide ich Dich, der doch all das, was ich unter Beschwerden erlebe, gemütlich hinter dem Ofen erfährt.
Heute ist mir ein großer Schreck in die Knochen gefahren. Ich hielt auf die Stadt Sparta zu. Plötzlich, kaum in Sichtweite der Stadtmauern, hörte ich Lärm und Waffengeklirr. Hurtig versteckte ich mich mit meiner Eselin Ruhla hinter einem Felsvorsprung und spähte vorsichtig in die Richtung, wo die Schreie und Schläge herkamen. Was ich da erblickte, war ein erbarmungsloses Gemetzel. Eine furchtbare Schlacht wütete vor den Toren Spartas. Wutentbrannt und hasserfüllt stürzten sich die Kämpfenden aufeinander, offensichtlich entschlossen, allen Gegnern den Garaus zu machen. Und mir obendrein auch. Eine lähmende Angst und eine tiefe Trauer befielen mein Herz. Lange sah ich starr diesem sinnlosen Treiben zu. Als ich endlich, nach etwa zwei Stunden, der Stadt den Rücken kehren und wieder abziehen wollte, fiel mir plötzlich etwas Merkwürdiges auf. Obwohl diese Krieger unentwegt aufeinander einhieben, gab es dennoch weder Tote noch Verletzte. Es ist doch unmöglich, ging es durch meinen Kopf, dass bei diesem grimmigen Kampf niemand gefallen ist. Ich konnte niemanden erblicken, der auf dem Boden lag. Ich wurde stutzig, das schien mir wirklich eigenartig. Gespannt verfolgte ich nun alle Einzelheiten der Schlacht, doch ich konnte nicht auf den Grund dieses Rätsels kommen. Und dann geschah etwas Unheilvolles. Meine Eselin begann zu iahen und verriet damit mein Versteck. Wie auf ein Kommando hörte die Kampfszene auf und ich war im Nu von schwer bewaffneten, grimmigen Hünen umgeben. Sie nahmen mich gefangen, verhörten mich, denn sie wollte wissen, ob ich ein Spion aus Athen war, oder gar aus Kleinasien. Sie waren plötzlich versöhnt, nichts in ihrem Gehabe deutete darauf hin, dass sie sich noch vor wenigen Augenblicken umbringen wollten. Als sich meine Unschuld herausstellte, klopften sie alle auf meine Schulter und ließen mich laufen.
Lange blieb mir der Sinn der geschilderten Szene verborgen. Erst später erzählte mir ein Berichterstatter namens Plutarch, dass ich bei den Spartanern nicht eine Schlacht, sondern nur eine Kriegsübung gesehen hatte. Der Lebensstil dieser Kämpfer, ihre Kriegsübungen seien sehr hart, so hart, dass er nur in Kriegszeiten ein wenig gelockert wird. Scherzend fügte er hinzu, dass dort die einzige Erholung von den Kriegsübungen der Krieg sei.
Und wenn kein Krieg kommt, wollte ich vom Kollegen wissen? Dann üben sie eben hart weiter.
Onkel Habakuk, wenn das Schule macht, dann wird es einmal Menschen geben, die ihren ganzen Einsatz dem Geldverdienen widmen werden, ohne fürs Geldausgeben Zeit zu finden, oder solche, die so lange planen werden, dass sie am Schluss keine Gelegenheit für das Ausführen erhalten werden. Andere werden stets Träumen nachrennen ohne zu leben.
(Fortsetzung folgt)