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Das Gebet

Unter den verschiedenen religiösen Handlungen sticht eine als besonders umstritten heraus: das Bittgebet. Bittet jemand eine andere Person um etwas, so ersucht er diese um ein Eingreifen, sei es materieller Natur, also um eine „Bettelei“ (unser tägliches Brot gib uns heute), sei es geistiger Natur (erleuchte meinen Verstand), eine Art Beratung also, sei es eine Vergebung (vergib uns unsere Sünden). Unter dem Begriff „Gebet“ im religiösen Sinne finden wir auch Unterwerfung, Danksagung, Lob und Bewunderung. Diese letzten Ausprägungen sind nicht direkt „interessiert“, doch sie bezwecken, von der Zielperson als Anbetung verstanden zu werden. In all diesen Fällen zeigt es sich, dass das Gebet ein Eingeständnis der Unterlegenheit ist, das vor einem höchsten Wesen verständlich ist.

Vollständig unverständlich ist jedoch die Bitte um einen Eingriff, die Beschwörung, das Flehen. Gott wird von den Gläubigern als Wesen verstanden das die Geschicke der Welt in der Hand hält, gemäss seiner seit ewig gefällten Entscheidungen. Wie können diese Entscheidungen verändert werden? Insbesondere die Verfechter der Prädestination befinden sich angesichts des Bittgebetes in Schwierigkeiten. Falls Gott seit Ewigkeiten das Los der Welt bestimmt hat, entpuppt sich das Gebet als nutzlos. Wie kann sich der Mensch erkühnen, die Dekrete des Allmächtigen ändern zu wollen? 

Selbst jene, die den Glauben an einer Prädestination nicht teilen, stossen bei der Deutung des Gebetes auf Schwierigkeiten. Ein Gott, der sich von den individuellen Bedürfnissen einzelner beeinflussen lässt, wandelt nicht auf geraden Wegen. „Welche Entscheidung treffe ich?“, über legt er. „Lasse ich regnen, oder verjage ich die Wolken? Wem muss ich das Ohr leihen? Dem Bauer, der sich um seine Ernte sorgt, oder dem Hotelier, der das Ausbleiben der Gäste befürchtet?“

Beim Gebet stossen wir erneut auf den anthropomorphen Charakter des Glaubens. Der Mensch ist gewohnt, mit anderen zu kommunizieren, und in diesem Austausch finden auch die persönlichen Wünsche ihren Platz. Es ist also folgerichtig, dass dieser Gott, der nach dem Bilde des Menschen entworfen wurde, auch die Rolle eines Gesprächspartners einnimmt, dass er Adressat jener Wünsche wird, die nicht mit eigenen Mitteln erfüllt werden können. Die Probleme einer fremden Instanz anzuvertrauen ist eine bequeme Lösung; es liegt demnach in Gottes Verantwortung im Interesse des Bittstellers zu handeln. Was aber, wenn er es nicht tut? Das ist seine Sache, denn Gott steht es frei, sich nach seinem eigenen Gutdünken zu verhalten. Warum aber bittet man ihn also? Zweifelsohne entpuppt sich das Gebet als unnötig und illusorisch. Wie oft musste ich in einer Diskussion die Waffen strecken, als mein Gesprächspartner nach Ausschöpfen aller rationaler Überlegungen mit einem vorwurfsvollen Ton verkündete: „aber ich glaube dennoch daran“? Also gut, glaube daran, doch vergiss nicht, dass auch die Prälaten im Vatikan sich geweigert hatten, durch den Teleskop von Galileo Galilei zu schauen, um nicht zugeben zu müssen, dass er recht hatte. Alle Integralisten behaupten, die einzigen im Besitz der Wahrheit zu ein. Andersdenkende sind indessen vom Bösen, sind „Ungläubige“ Häretiker, haben zu schweigen oder, im Extremfall, werden sie auf den Scheiterhaufen geschickt, oder werden in der Gegenwart umgebracht. Die menschliche Bestie ist religiös. Torquemada, Savonarola, ISIS und tausende von Kollegen haben im Namen ihrer „ausschliesslichen“ Wahrheit zahllose Morde verübt. Und ihre Verbrechen mit schönen Gebeten geschmückt.

Gibt es aber einen Gebetskiller? Ja, der Herr Teufel! Diese perfide Persönlichkeit kann Gott so beeinflussen, dass die Wirkung des Gebetes entkräftet wird, denken wir nur an die Erzählung von Hiob. Er arbeitet unaufhörlich gegen die Menschen. Falls er überhaupt existiert. Die Weisen behaupten: selbstverständlich. Papst Johannes XXIII. hat seinen Trick enthüllt, als er sagte: die gefährlichste Methode des Teufels ist, dass er den Menschen glauben lässt, dass er nicht existiert. Er macht sich unsichtbar und täuscht damit alle. Livio Fanzanga, der Direktor des Senders Radio Maria schein den Teufel persönlich zu kennen, wenn er verkündet, in der Strategie des Teufels ist auch das Projekt „Covid“ enthalten. Wozu ist also das Gebet gut, wo das Einschreiten Gottes verlangt wird? Der Teufel verbreitet die Pandemie unter den Menschen mit Hilfe seiner Verbündeten. Sein Erfolg offenbart seine Überlegenheit über Gott. Also gut, hier brauchen wir auch des Einschreiten Marias. Beten wir also den Rosenkranz.