DER VERPOLTE AFFE 5
Die Akteure der Geschichte wurden oft mit Übernamen ausgestattet. Der Grosse, der Kleine, der Schöne, der Kühne, die Wahnsinnige, der Gute waren alle Adjektive, die als Kurzdefinitionen verstanden werden können. So auch „Der Schreckliche“. Diesen unrühmlichen Übernahmen gab man dem russischen Zar Ivan Basilovich. Seine sadistische Freude an Quälerei und Töten erzeugte grässliche Früchte von Grausamkeit. In zwölf Jahren ließ er neun Massenhinrichtungen durchführen, er ließ Personen, die in Ungnade fielen, zentimeterweise zerstückeln, andere ließ er mit kochendem und anschließend mit kaltem Wasser übergießen, bis sich das Fleisch von den Knochen löste und er schlug im Jähzorn sogar den eigenen Sohn tot. Er wird zwar als fromm und bibelkundig beschrieben, hatte aber große Freude an allen Gewalttaten. Voltaire, ein guter Kenner Russlands, brach zwar eine Lanze für ihn als er eine dieser Taten als „Fabel“ bezeichnete. Es ging um das Gerücht, Ivan hätte befohlen, dem englischen Botschafter den Hut auf den Kopf zu nageln, weil sich dieser vor ihm nicht barhäuptig präsentiert hatte. (La Russie sous Pierre le Grand, Ed. Gallimard, 1957, S. 601). Hat hier Zar Ivan nicht etwas falsch verstanden? Die Redewendung heißt doch „Nägel mit Köpfen machen“ und nicht „Köpfe mit Nägeln“. Man kann zu Voltaire vermerken, dass selbst dann, falls dies eine „Fabel“ wäre, dies nichts am Übernahmen ändert. Grundlos entsteht ein solches Gerücht nicht. Wäre dies aber wahr, so könnte man sich darüber Gedanken machen, was geschehen würde, falls Ivan heute lebte. Da kommt zum Beispiel ein Oberst Ghedaffi auf Staatsbesuch zum Zar nach Russland. Auf seinem Kopf, wie stets die Militärmütze. Kistenweise würden Gratisspenden mit langen Nägeln in Moskau eintreffen.